Je ambitionierter das Klimaziel, desto mehr Metalle werden gebraucht
Metalle und Mineralien haben für die Energiewende eine Schlüsselfunktion. Doch was heißt das konkret? Die Weltbank-Gruppe hat 2020 einen Report mit dem Titel Minerals for Climate Action: The Mineral Intensity of the Clean Energy Transition veröffentlicht, der Antworten auf diese Frage geben will.
Ein Interview mit Daniele La Porta, Senior Mining Specialist der Weltbank
Daniele La Porta ist Senior Mining Specialist im Bereich Energy and Extractives Global Practice bei der Weltbank. Dort arbeitet sie thematisch zur Steuerung und nachhaltigen Entwicklung des Minensektors in mineralienreichen Entwicklungsländern. Sie leitet außerdem die Climate-Smart-Mining-Initiative der Weltbank, die ressourcenreiche Entwicklungsländer darin unterstützen will, einerseits von der steigenden Nachfrage nach strategischen Metallen für die Energiewende zu profitieren und andererseits den Minensektor zu dekarbonisieren und dessen Fußabdruck zu reduzieren. Die Brasilianerin ist studierte Geologin und Umweltmanagerin.
Frau La Porta, welche Rolle Spielen Metalle bei der Energiewende?
Die Energiewende wird eine große Bandbreite an Mineralien und Metallen erfordern. Erneuerbare Energien sind entscheidend für eine emissionsfreie Zukunft und benötigen mehr Mineralien als ihre fossilen Pendants. In unserem Report haben wir als Faustregel benannt: Je ambitionierter das Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung ist, desto mehr Mineralien und Metalle werden gebraucht.
In Ihrem Report haben Sie 17 verschiedene Metalle und Mineralien betrachtet und ihre Nachfrage danach bis 2050 abgeschätzt. Welches davon wird gewinnen?
Es lässt sich nicht eindeutig sagen, wer der „Gewinner“ sein wird, denn das hängt stark davon ab, wie die Energiewende im Einzelnen umgesetzt wird. Zum Beispiel könnte einerseits die Nachfrage nach Grafit, Lithium und Kobalt – den sogenannten Batterie-Mineralien – bis 2050 um fast 500 % steigen. Andererseits gibt es große Unsicherheiten, welche Technologie oder gar Subtechnologie später dominieren wird.
Ohne Mineralien wird eine CO2-arme Zukunft nicht möglich sein. Und ohne einen klimabewussten Metallsektor wird auch die Wertschöpfungskette für grüne Energie nicht wirklich ‚grün‘ sein.
Daniele La Porta
Wie wird sich durch die Erneuerbaren Energien die Nachfrage nach den Metallen entwickeln, die Aurubis produziert, d. h. Kupfer, Blei, Nickel, Silber und Zink?
Wir haben Metalle wie Kupfer, Nickel oder Blei als bereichsübergreifende Mineralien definiert. Sie sind für die Energiewende besonders wichtig, weil sie in vielen verschiedenen Technologien zum Einsatz kommen und nicht von einer einzelnen abhängig sind. Silber und Zink werden in eher wenigen Energietechnologien eingesetzt, die Nachfragesteigerung durch die Energiewende bei diesen beiden Metallen wird nur einen kleinen prozentualen Anteil ausmachen.
Eigenschaften: Gut formbar und zäh. Hervorragender Wärme- und Stromleiter.
Anwendung: In fast allen grünen Technologien, v. a. in der Windenergie, der Photovoltaik und der E-Mobilität.
Eigenschaften: Ausgeprägte Verformbarkeit, bevor es bricht, beständig gegen bestimmte Säuren.
Anwendung: Unter anderem in der Windenergie, der Photovoltaik und der Geothermie.
Eigenschaften: Mittelhart, schmiedbar, lässt sich leicht polieren. Bei Raumtemperatur gegen Luft, Wasser, Salzsäure und Laugen sehr beständig.
Anwendung: Für fast alle CO2-freien Energiequellen.
Eigenschaften: Weich, gut verformbar und mit sehr hoher elektrischer Leitfähigkeit.
Anwendung: Vor allem in der Solarenergie.
Eigenschaften: Zwischen 100 und 200 °C leicht verformbar, sonst eher spröde. Bildet an der Luft eine witterungsbeständige Schutzschicht aus Zinkoxid und -carbonat, dient darum oft als Korrosionsschutz.
Anwendung: In der Wind- und Solarenergie sowie bei Wasserkraft.
Mal konkret: Wie wird z. B. die Nachfrage nach Kupfer steigen?
Auf Basis des ambitioniertesten Szenarios, das den Anstieg der Erderwärmung auf weit unter 2 °C begrenzt, wird sich die Kupfernachfrage allein für grüne Energietechnologien auf 40 – 50 Mio. t bis 2050 aufaddieren. In einem mittleren Szenario beträgt der Bedarf immer noch rund 30 Mio. t zusätzlich. Diese Prognosen beinhalten noch nicht die damit verbundene Infrastruktur wie elektrische Leitungen oder andere Komponenten wie das Chassis bei einem Elektroauto.
Wie wichtig wird Recycling sein, um die zukünftige Nachfrage befriedigen zu können? Welche Herausforderungen gibt es?
Unser Report betont, welch wichtige Rolle das Recycling und die Wiederverwendung von Metallen für die Deckung der Nachfrage spielen werden. Er zeigt aber auch: Selbst wenn es gelänge, die Wiederverwertungsrate von bestimmten Mineralien wie Kupfer oder Aluminium auf 100 % zu steigern, würde das nicht ausreichen, um die Nachfrage nach Metallen aus den erneuerbaren Energien zu erfüllen. Das liegt zum einen an zu wenig verfügbaren Sekundärrohstoffen, zum anderen aber auch an Technologie- und Kostenhürden.
Weltweit sollten alle Hütten Energieeffizienz zu einem zentralen Bestandteil ihrer Dekarbonisierungsstrategie machen.
Was sollten Hüttenbetriebe wie Aurubis beachten, um die zukünftige Nachfrage nach Metallen zu befriedigen und gleichzeitig zur Energiewende beitragen zu können?
Zwar stellen Schmelzbetriebe die Metalle für eine CO2-freie Zukunft her. Um ihren hohen Energiebedarf zu decken, könnten sie zur Zeit noch auf fossile Energiequellen setzen. Weltweit sollten alle Hütten Energieeffizienz zu einem zentralen Bestandteil ihrer Dekarbonisierungsstrategie machen und sich zusätzlich verpflichten, Energie aus regenerativen Quellen zu beziehen. In puncto Recycling haben Hütten einen komparativen Vorteil. Sie sollten darum den Weg bereiten für Innovationen, die die technischen und ökonomischen Hürden überwinden können.
Welche Fragen müssen noch bis 2050 gelöst werden?
Eine große Herausforderung entsteht schon aus der steigenden Nachfrage nach strategischen Mineralien und Metallen in diesem kurzen Zeitraum. Damit einhergehend werden wir eine große Menge an Energie, Land und Wasser verbrauchen, um diese Nachfrage decken zu können. Eine weitere Herausforderung liegt in dem Mangel an Ressourcen und Wissen, wie man in den Minen der Entwicklungsländer den CO2- und Umwelt-Fußabdruck reduzieren kann. Metallrecycling wird zunehmend wichtiger und benötigt politische Unterstützung, um die ökonomischen, technischen und umweltschutzbedingten Hürden zu überwinden. Der Energiesektor ist ebenfalls gefragt. Er muss die regenerativen Technologien so gestalten, dass sie leicht demontiert und die enthaltenen Metalle der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden können.
Der Report steht kostenlos zum Download zur Verfügung: http://pubdocs.worldbank.org